SALON* 5
Rao Fu
Su-Ran Sichling
Eröffnung: Freitag, den 15.12.2023, 18 Uhr
Einführung: Christoph Tannert, 18:30 Uhr
Ausstellung: 16.12.2023-13.1.2024
Der Dialog zwischen Rao Fu (Malerei) und Su-Ran Sichling (Skulptur / Objekt) spielt sich in dieser Ausstellung in einer Perspektivenvielfalt ab, die Näherungen und Distanzierungen zulässt.
Die Werke von Su-Ran Sichling, entstanden zwischen 2014 und 2020 unterstreichen das besondere Interesse der Künstlerin an Materialkombinationen, etwa an Terrazzo mit Holz oder Keramik mit Messing oder lackiertem Stahl oder Spiegeln, z.T. kommt auch Siebdruck ins Spiel.Kombinationen und Grenzen, Übergänge zwischen materiellen Verschiedenheiten und das Reflektieren von Transkulturalität – das sind die Themen, denen sie sich stellt.
Su-Ran Sichling steigt aus vorgegebenen Denkbahnen aus. Ihre Kunst ist schön, weil sie Anstöße bietet. Sie dekonstruiert Verhältnisse und konstruiert damit neue Partikel von Welt.
Bei Rao Fu überlappen sich asiatische Mythologie und europäischer Barock mit Dresdner Wurzel, zusätzlich erweitert durch die bevorzugte Rezeption der alten Meister in der Dresdner Gemäldegalerie sowie von Edvard Munch, Daniel Richter und Peter Doig. Denn wie jeder aufmerksame Maler lebt auch Rao Fu von den Bildern anderer. Der Künstler vertraut sich anderen Stimmen an, er registriert, erinnert sich, reagiert und moduliert in einer disparaten Konstellation der Aufmerksamkeitsreizung, in der Kunst ein Echo von Kunst ist.Den Künstler interessiert der Einbruch des Unerwarteten in die Alltäglichkeit. Deshalb sucht er nach Bildmetaphern für die Abgründe des Unterbewussten.
Zwei höchst unterschiedliche Künstlerpersönlichkeiten begegnen sich in ihrem dynamischen Gestaltungswillen. Text: Christoph Tannert
Su-Ran Sichling (*1978) studierte Bildhauerei an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden, an der École Supérieure d’art et design in Angers und an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Während ihres Meisterschülerstudiums bei Martin Honert war, studierte sie zudem Journalismus an der Universität der Künste in Berlin und beschäftigte sich in ihrer Masterarbeit mit dem kulturellen Selbstverständnis migrantischer Künstler_innen in Deutschland. Sie unterrichtete am Fachbereich Bildende Kunst des Instituts für Architektur der TU Berlin und ist künstlerische Mitarbeiterin an der HfBK Dresden.
Als Bildhauerin haben Materialien für Su-Ran Sichling nicht nur eine formale oder ästhetische, sondern auch eine handelnde, performative Ebene, durch die der Gegenstand ihrer Arbeit auch über das Material selbst verhandelt wird. Neben klassischen bildhauerischen Materialien wie Ton, Messing und Holz verwendet sie bevorzugt Werkstoffe, die sich historisch auf die ersten Jahrzehnte der deutschen Nachkriegsgeschichte beziehen. Sie beschäftigt sich hierbei besonders mit Praktiken der Inklusion und Exklusion, postmigrantischen Gemeinschaften und dem Gegensatz von Natur und Künstlichkeit. Sie hinterfragt die historischen Konjunkturen, durch die die Welt in so unterschiedlichen Bereichen wie nationalen Geschichtserzählungen, traditionellen Kulturtechniken oder Baumaterialen als ‚natürlich‘ entstanden oder ‚künstlich‘ geschaffen erlebt wird.
Rao Fu (*1978) absolvierte von 1999 bis 2001 ein Designstudium an der Tsinghua Universität in Peking, von 2002 bis 2010 war er an der Hochschule für Bildende Künste Dresden eingeschrieben, um seine Studien in Malerei, Grafik und Kunsttherapie zu vertiefen. Während seines Studiums bei Siegfried Klotz und Elke Hopfe setzte er sich u.a. mit den traditionellen Malmethoden der Dresdner Schule auseinander. Im Jahr 2008 wurde er Meisterschüler und setzte ein Aufbaustudium bei Professor Ralf Kerbach fort. Während seines Studiums erhielt Fu 2006 das DAAD-Stipendium für Bildende Kunst und von 2008 bis 2012 ein Stipendium der Heinrich-Böll-Stiftung. Es folgten Stipendien der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen unter anderem mit dem Heimspiel-Stipendium der Baumwollspinnerei Leipzig. Seine Werke befinden sich verschiedenen öffentlichen Sammlungen, u. a. der Sammlung des Nationalmuseums für Geschichte und Kunst in Luxemburg (MNHA) und den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.
Dresden ist traditionell eine Stadt der Malerinnen und Maler. Unter ihnen ist Rao Fu der einzige mit chinesischen Wurzeln. Was er dem sächsischen Neoexpressionismus implantiert hat, kommt einer Frischzellenkur gleich. Sein Experimentieren mit Malstoffen und sein Allover, das von der chinesischen Landschaftsmalerei bis zum magischen Dreieck Munch-Doig-Daniel Richter reicht, ist purem Farberleben geschuldet und erreicht seit 2019 monumentale Formate. Rao Fu folgt der chinesischen Methode, Farbe als Verstärkung des Atmosphärischen zu benutzen. Die Einflüsse der traditionellen Kalligraphie in Verbindung mit farbenergetischen Aspekten und einer Figurenmalerei, die zunehmend den kompletten Bildraum einnimmt, offenbart einen Stil, einen Formwillen, der darauf abzielt, sich unterschiedlichste malerische Kategorien dienstbar zu machen und vieles mit vielem zu vernetzen. Rao Fu zeigt uns, dass das Ferne nicht fern, sondern ganz hiesig und gegenwärtig ist. Es geht nicht mehr um das Fremde und das Eigene, weil es keine reine, das heißt hermetische Kultur, die sich, abgeschottet von anderen entstanden, ihrer unabänderlichen Identität gewiss sein kann, mehr gibt bzw. nie gegeben hat. Aus Rao Fus Bildern spricht weniger die kulturelle
Differenz, als vielmehr der gegenwärtige Diskurs über kulturelle
Hybridität – offensiv im Wandelbaren zu sein, brausend in großen Fahrt über die Farbmeere.
Jubilee Street // SALON* 1–10
Die Ausstellung ist der fünfte SALON anlässlich unseres 10–jährigen Galeriejubiläums. Die Ausstellungsreihe wird gefördert von der Landeshauptstadt Dresden, der Hermann–Ilgen–Stiftung, sowie der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Die Maßnahme wir mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.